Custom Pickups

Was wäre eine Elektrogitarre aber ohne Pickups? 
Unter diesem Blickpunkt dachte ich mir, die Produktion der selbigen etwas genauer zu dokumentieren. Die Tonabnehmer kommen dann in die ’’Junior TC’’ die ich für Linus gebaut habe. 



Der Steg Pu (für die Tele) ist mit einem AWG 043 gewickelt, wie er in den frühen 50ern verwendet wurde. Es kann selbstverständlich auch AWG 042 verwendet werden. Die Wahl hängt vom zu erzielenden Ergebnis ab. 
Mit 9700 Wicklungen erreiche ich in diesem Fall den geplanten Wert von 9,5K. 
Gewickelt werden die Fender-Coils im Uhrzeigersinn, also CW. 
Die Südpole der Alniko 5-Stabmagneten sind nach oben gerichtet. 
Nach dem Verlöten der Drähte wird der Pu mit einer Baumwollschnur umwickelt um den Draht zu schützen. (Kann auch Isolierband verwendet werden.) 


Der Lipstick für die Halsposition wurde mit dem gleichen Draht (0,063AWG ist beim Lipstick üblich) und der gleichen Wickelrichtung erzeugt. 
Mit 8000 Wicklungen wurde ein Wert von 7,2K erreicht. 
Die Werte werden euch teilweise zu hoch erscheinen. Allerdings habe ich eine kürzere Mensur zu bedienen und dadurch andere Anforderungen was den Ton angeht zu erfüllen. 
Mal sehen wie sie die Schwingungen wiedergeben werden. 
Zum Schluss wird der Pu mit der Chromkappe versehen. 
Obwohl über das Magnetfeld und die Saiten der Gitarre eine Erdung entsteht, habe ich die Chromkappe mit dem Massekabel der Spule verbunden. Was das Brummen der Single Coils angeht, sicherlich ein Vorteil. 

Da ich bereits mein neues Gitarrenbauprojekt bis auf das Finish fertig habe (und das dauert jetzt wieder...), konnte ich noch zwei P90 für diese Gitarre mitmachen. Und da es gerade gut lief, auch noch einen Single Coil. 
Die sind jetzt aber nicht von Interesse, da ich ja die Pus zur „kleinen Tele“ vorstellen möchte. 

Nachdem soweit alles fertig war, wurde aus Muttis Küche mal schnell die Frittenmaschine geholt um das Wachs zu erhitzen. (Natürlich ist die Fritteuse nur für diese Zwecke im Einsatz). ;-) 

Das Paraffinwachs wird mit Bienenwachs vermischt und dann aufgeheizt. 
Das Mischverhältnis ist 80 Prozent Paraffin und 20 Prozent Bienenwachs. Das Erhitzen muss sehr langsam und unter ständiger Kontrolle erfolgen, da das Zeug leicht entflammbar ist! Ich mache das immer im Freien, da an der frischen Luft die Gefahr, dass es zu gefährlichen Gasansammlungen kommt, sehr gering ist. In gut durchlüfteten Räumen sollte aber genau so wenig Gefahr bestehen. 
Nachdem das Wachs flüssig geworden und die vorgeschriebene Temperatur von maximal 65 °C erreicht worden war, habe ich mit dem Kochen der Pickups begonnen. Das geschieht so lange, bis keine Luftblasen mehr aus den Spulen an die Oberfläche kommen. 
Dann werden sie heraus genommen und noch in warmen Zustand mit einem Tuch poliert, damit keine Wachsflecken an der Oberfläche zurückbleiben. 
Der Lipstick wird umgekehrt zum Auskühlen hingelegt, damit das Wachs nicht heraus rinnen kann und unter der Kappe bleibt. So sollte er dann einwandfrei funktionieren. 

Die Fotos zeigen ein wenig die Arbeitsschritte, die bei so einem Prozess anfallen. 
Ich hoffe, ich konnte mit dem kleinen Vorbericht euer Interesse wecken, und freue mich schon auf die kommende Woche um euch die dazu gehörende Gitarre vorzustellen. 

Zum verwendeten Lackdraht wäre noch hinzu zu fügen, dass er von der deutschen Firma Sauter kommt, die auf Lackdraht spezialisiert ist. Die ersten Pus habe ich mit extra aus den USA importierten Drähten gewickelt. Nach einer ausführlichen Testreihe von mehreren Pus in der gleichen Gitarre (ich habe da so eine Les Paul in die ich die Pickups von hinten nur rein zu stecken brauche), konnte ich keine Unterschiede mehr hören. Weder zu den Originalen, noch zu den unterschiedlichen Drähten, die ich verwendet habe. 
Der Preis allerdings ist sehr unterschiedlich. 
Es gibt dann noch Anbieter, die auch Lackdraht im Sortiment haben, aber nicht die erforderlichen Maße aufweisen. Davon ist abzuraten, denn ob ich einen 043er- oder 042er-Draht verwende, ist ein großer Unterschied. Um das jetzt ausführlich zu erklären, fehlt mir der Ehrgeiz. Im Buch von Helmuth Lemme oder der Internetseite von Ulf Schaedla sind zur Elektrophysik von Tonabnehmern alle benötigten (und sehr viele unbenötigte) Informationen ausführlich angegeben. Die Links zu den Web Seiten der Beiden sind auf meiner Homepage unter Links ersichtlich. 

Für alle, die das selbst mal probieren wollen, stehe ich gerne mit meinen bescheidenen Infos zur Verfügung. 
Ich habe schon mehrere Pus selbstgebaut und kann euch nur sagen, dass ihr überrascht sein werdet, was ihr da selbst produziert. Aber auch darüber werde ich mal mit einem extra Projekt mehr verraten. Es ist wie beim Bauen von Gitarren. Es entwickelt eine Eigendynamik und wird zur Seuche. Was an Erfahrung bleibt, ist die Erkenntnis, dass die großen Hersteller eben auch nur mit Wasser kochen – äh, im Wachsbad natürlich. ;-) 

Bis bald, Linus Guitars 



Nachtrag am 7.4.09 

Mit der Frage zum Drätchen und seiner Haltbarkeit beim Wickeln ist es so eine Sache. 
Wenn der Draht von guter Qualität ist, dann kann „fast“ gar nichts passieren. 
Ich habe meine ersten Versuche mit einem Draht einer ca. 25 Jahre alten Spule gemacht. 
(Really Vintage.) 
Der ist ständig gerissen und ich dachte schon, dass ich mich da etwas übernommen hatte. 
Wer mich allerdings kennt, weiß, dass ich nicht so schnell aufgebe, sondern nach neuen Möglichkeiten suche meine Vorstellungen zu verwirklichen. 
Seitdem ich mich von dem alten Schrott verabschiedet habe, ist mir kein Draht mehr gerissen!!! 
Es kommt auf viele Einzelheiten bei dieser Arbeit an und das Wickeln hat bei einem Single Coil eigentlich nur einen bescheidenen Anteil. Damit sei jedem, der es versuchen will, Rückenwind gegeben. Um eine intensive Auseinandersetzung mit der Materie kommt man allerdings nicht herum, wenn der Zufall nicht die Führung übernehmen soll. 
Das Ergebnis spricht dann aber für sich und ist aller Mühen Lohn. 

Mein Geheimnis ist folgendes: 
Was ich nicht kann, lerne ich eben; was ich nicht weiß, erfrage ich, und gibt es keine Antworten, schlafe ich über das Problem. 
Da bin ich doch gerne ein Träumer. ;-) 
Aber nicht weitersagen.